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Flimms letztes Viertel

Die Salzburger Festspiele (25. Juli bis 31. August) stellen auch in ihrem 90. Jahr den Anspruch eines qualitativen und quantitativen Superlatives und werden wohl auch im Sommer 2010 die nationalen und zum Teil auch die internationalen Kulturseiten dominieren. Gut ein Drittel der Veranstaltungen ist bereits vor Festspielbeginn ausverkauft.

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Auffallend ist, dass sich das Publikum der Festspiele nicht nur um Karten von Dauerbrennern und „logischen Hits“ wie etwa „Jedermann“ (der am Sonntag nicht nur als Abendvorstellung, sondern sogar einen Tag vor der offiziellen Eröffnung den Reigen startet) und „Romeo & Juliette“ mit Anna Netrebko reißt. Auch für ausgefallene Theaterproduktionen, Liederabende, Mozart-Matineen, Kirchenkonzerte, Lesungen und sogar Auftritte des „Composers in Residence“, Wolfgang Rihm, gibt es zum Teil keine Karten mehr.

Das könnte an der Krise liegen, die gar keine ist, vielleicht auch am 90-Jahre-Jubiläum, das die Salzburger Festspiele heuer begehen. Unter dem Motto „Wo Gott und Mensch zusammenstoßen, entsteht Tragödie“ präsentiert Intendant Jürgen Flimm in seinem letzten Jahr (und den, so Flimm, letzten „25 Prozent harter Arbeit“ seiner Intendanz) die einzige Opernuraufführung seiner Salzburger Zeit, und zwar „Dionysos“ von Rihm. Pierre Audi wird diesen Mythos im Haus für Mozart in Szene setzen, Ingo Metzmacher dirigiert das Deutsche Symphonieorchester Berlin.

Netrebko in „Romeo & Juliette“

Neu kommen heuer auch Glucks „Orfeo ed Euridice“ von Dieter Dorn und Riccardo Muti im Großen Festspielhaus (ab 31. Juli) und Bergs „Lulu“ von Vera Nemirova und Marc Albrecht in der Felsenreitschule (ab 1. August). Erstmals zu sehen sein wird zudem eine „Elektra“ von Strauss in der Regie von Nikolaus Lehnhoff und mit Daniele Gatti am Pult. Mit den Wiederaufnahmen von Claus Guths „Don Giovanni“ und Bartlett Shers „Romeo & Juliette“ mit Netrebko sowie einer konzertanten „Norma“ mit Edita Gruberova in der Titelrolle runden die Festspiele ihr Opernangebot ab.

Schauspielchef Thomas Oberender bringt heuer die zwei Bühnen- und Filmjungstars Nicholas Ofczarek (Jedermann) und Birgit Minichmayr (Buhlschaft) im alten Christian-Stückl-„Jedermann“ von 2002 (ab 25. Juli). Auf der Pernerinsel in Hallein wird Peter Stein „Ödipus auf Kolonos“ mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle neu inszenieren (ab 26. Juli). Es folgen mit „Angst“ von Koen Tachelet nach Stefan Zweig (ab 28. Juli) und Jean Racines „Phädra“ in der Regie von Matthias Hartmann (ab 18. August) jeweils im Landestheater zwei weitere Neuinszenierungen.

Junge Regisseure zu Gast in Salzburg

Der Dichter zu Gast heißt heuer Claudio Magris, und die vier Produktionen der Reihe „Young Directors Project“ kommen aus den Niederlanden, aus Frankreich, Deutschland und Belgien. Diverse Lesungen und ein Picknicktheater im Schlosspark Leopoldskron ergänzen das Schauspielprogramm.

Die zentralen Komponisten im Konzert heißen heuer Rihm und Johannes Brahms. Diesen beiden hat Konzertchef Markus Hinterhäuser, der 2011 für ein Jahr die Intendanz der Salzburger Festspiele übernehmen wird, die Reihen „Kontinent Rihm“ und „Brahms-Szenen“ gewidmet. In den Besetzungslisten dieser überwiegend kammermusikalischen Konzerte stehen die ohne Zweifel bekanntesten Interpretennamen der Gegenwart.

Gerard Depardieu als Sprecher

Die Dirigenten der fünf traditionsreichen Konzerte der Wiener Philharmoniker im Großen Festspielhaus heißen Daniel Barenboim, Riccardo Chailly, Riccardo Muti, Christoph Eschenbach und Bernhard Haitink. Als Gastorchester kommen die Berliner Philharmoniker mit Simon Rattle, das World Orchestra of Peace mit Valery Gergiev sowie das Concertgebouworchestra Amsterdam mit Mariss Jansons. Zu den Solisten der Kammer- und Symphonie-Konzerte und Liederabende zählen Stars wie Anne-Sophie Mutter, Elina Garanca, Gerard Depardieu, Netrebko und Angelika Kirchschlager.

Die Mozart-Matineen des Salzburger Mozarteum Orchesters, der Young Conductor Award, das Young Singers Project, eine Schule des Hörens mit Matthias Goerne und Rihm, diverse Jugendprojekte und die Salzburger-Festspiel-Dialoge, in der die Kraft des Mythologischen analysiert werden soll, runden das Programm ab.

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