Großer Einfluss auf die Politik
Saad Mohseni, der Vorsitzende des Medienunternehmens Moby Group, gilt als einer der mächtigsten Männer in Afghanistan. Zu seinem Imperium gehören Radio- und Fernsehstationen, eine Werbeagentur und eine Filmproduktionsgesellschaft. Laut dem US-Magazin „New Yorker“ gilt er als der Rupert Murdoch Afghanistans.
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Er hat sich den Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban auf die Fahnen geschrieben und bekämpft sie mit den Mitteln der - westlichen - Populärkultur. So sieht er etwa Soap Operas als Aufklärung gegen die bornierte Haltung der Radikalislamisten und hofft damit auf eine Änderung der gesellschaftspolitischen Verhältnisse in dem Land auf dem Hindukusch.
Mit den Reichen und Mächtigen auf Du und Du
Und Mohseni gilt als Networker. So kennt er die Reichen und Mächtigen in dem Land am Hindukusch. Er hat gute Verbindungen zu allen afghanischen Politiker von Präsident Hamid Karzai abwärts und auch zum US-Militärkommando. Von allen wird ihm, trotz der oft unterschiedlichen Meinungen, Respekt entgegengebracht, wie der „New Yorker“ schreibt. Auch für ausländische Korrespondenten gilt der Medienmogul als Ansprechpartner.
„American Idol“ auf Afghanisch
In Afghanistan seien immer noch die „alten“ Medien wie Fernsehen und Radio die „neuen“ Medien, schreibt Ken Auletta, der sich für den „New Yorker“ eingehend mit Mohseni beschäftigt hat. Und in ebendieser Medienlandschaft seien Mohseni und seine Moby Group dominant. So produziert die Moby Group die TV-Show „Afghan Star“, eine Talentsuchesendung nach dem Vorbild von „American Idol“.
„Rund ein Drittel der afghanischen Bevölkerung sieht sich diese Sendung an“, so Auletta im Interview mit der Website von National Public Radio (NPR). Das seien rund 30 Millionen Menschen.
Im Kampf gegen die Taliban
Nach Jahren im Exil in Australien kam der Diplomatensohn und gelernte Banker Mohseni im Jahr 2002 nach Afghanistan zurück, um die damalige Nordallianz gegen die radikalislamischen Taliban zu unterstützen. Mohseni stellte fest, dass Medien im Post-Taliban-Afghanistan eine wichtige Rolle spielen würden und auch Macht und Einfluss sichern. Es gelang ihm, Investoren zu finden und Radiolizenzen zu erwerben.
Ein beträchtlicher Teil der 500.000 Dollar, die er für die Gründung des künftigen Medienimperiums benötigte, kamen von einer US-Regierungsstelle - der United States Agency for International Development (USAID). „Ohne die Unterstützung der USA hätte Mohseni nie mit Erfolg sein Unternehmen aufziehen können“, schreibt der „New Yorker“.
Einfluss auf die Gesellschaft
Obwohl Mohsenis Programm Nachrichtensendungen enthält, wird vor allem seinen Unterhaltungssendungen großer gesellschaftspolitischer Einfluss zugeschrieben. Die Reality-Shows, Fernsehdramen und Soap-Operas der Moby-Gruppe ermöglichen es der afghanischen Bevölkerung, Sachen zu sehen, die für Jahre von den Bildschirmen verschwunden waren. So sieht man etwa Frauen mit Männern sprechen, etwas, das unter der Herrschaft der Taliban in der Öffentlichkeit streng verboten war. Das habe mehr gesellschaftlichen Einfluss als eine Nachricht über die Situation in Kandahar, heißt es in dem Artikel weiter.
Publikum vor allem in den Städten
Obwohl Mohseni in Afghanistan ein Medienmogul ist, ist sein Unternehmen im Vergleich mit westlichen Medienunternehmen ein Winzling. Sein Publikum findet Mohseni vor allem in der Hauptstadt Kabul und in den wenigen größeren Städten, wo die Elektrizität mehr oder weniger gut funktioniert. Für Moby ist Afghanistan allerdings noch in keinster Weise ausgereizt.
Unter den Taliban war Fernsehen verboten, und die einzige Radiostation war staatlich geführt und bestand hauptsächlich aus Gebetsaufrufen und religiösen Programmen. Es wird geschätzt, dass rund 80 Prozent der Bevölkerung nicht lesen können, deshalb sind heute Fernsehen und Radio die wichtigsten Medien. Rund acht von zehn Afghanen besitzen ein Radiogerät und vier von zehn einen Fernsehapparat.
500 Dollar für 30-Sekunden-Spot
Die Privatwirtschaft steckt in Afghanistan noch in den Kinderschuhen. So beträgt das Bruttoinlandsprodukt gerade einmal elf Milliarden Dollar. Die größten Firmen, die bei Moby werben, sind sechs afghanische Banken und vier Handyprovider. Der Spitzenpreis für einen 30-Sekunden-Spot liegt bei 500 Dollar. Mohseni verkauft die Werbezeit noch selbst am Telefon oder bei Treffen mit potenziellen Kunden. Mohseni spricht laut „New Yorker“ ungern über die Finanzen seines Unternehmens. Er gibt allerdings die Einkünfte seines kleinen Medienimperiums „im 20-Millionen-Dollar-Bereich“ mit einer „Wachstumrate zwischen 50 und 70 Prozent jährlich“ an.
In stetiger Gefahr
Der Erfolg Mohsenis hat allerdings nicht nur positive Seiten. Er und seine Mitarbeiter befinden sich in stetiger Gefahr, Opfer von Attentaten und Bombenanschlägen zu werden. Vie Afghanen halten seine Sendungen für unmoralisch und anstößig. So sind die Ausgaben für die Sicherheit enorm. Rund zehn Prozent des Budgets werden dafür ausgegeben.
Wenn er das Haus verlässt oder reist, sind immer drei SUVs mit schwer bewaffneten Sicherheitsleuten dabei. Sie erfahren nie, wohin Mohseni sich begibt. Auch das ist eine Sicherheitsvorkehrung. Wer nichts weiß, kann auch unabsichtlich nichts verraten, so das Credo. Die Moby Group arbeitet in einer gespaltenen Gesellschaft. Auf der einen Seite garantiere die Verfassung die freie Meinungsäußerung, auf der anderen verkünde sie einen islamischen Staat, so Auletta.
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