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Mit Drucker zum Erfolg

Ein Mädchen wird überraschend Managerin des Baseballteams ihrer Highschool, erkennt die Fehler in der Organisation und bringt die Mannschaft mit einer neuen Philosophie auf Erfolgskurs. Was sich zunächst wie ein nicht sonderlich origineller Plot für einen Roman anhört, ist in Japan seit Monaten ein Bestseller.

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Denn Natsumi Iwasaki lässt seine Hauptfigur über das Werk von Peter Drucker stolpern – und mit den Theorien des Begründers des modernen Managements bringt sie ihr Team auf Vordermann. Seither ist in Japan ein regelrechter Boom um den aus Österreich stammenden Vordenker entstanden.

Konkrete Ziele

„Was passiert, wenn die Managerin eines Baseball-Highschool-Teams Peter Druckers ‚Management‘ liest?“, lautet der etwas sperrige Titel des Romans. Das „Managen“ von Sportteams umfasst an Japans Schulen als „Mädchen für alles“ vor allem organisatorische Aufgaben.

Die Hauptfigur Minami Kawashima erkennt, dass ihr Team zwar talentiert, aber unmotiviert ist und daher versagt. Schritt für Schrittt wendet sie die Theorie von Druckers Hauptwerk „Management: Tasks, Responsibilities, Practices“ an und formulierte etwa klar Zielsetzungen, die es zu erreichen gilt, um am Ende in Japan das Turnier der Baseball-Schulmannschaften, das größte Amateursportevent des Landes, zu gewinnen. Und sie stellt sich nach Drucker die Frage, wer denn die „Kunden“ ihrer Organisation sind. Es sind die Eltern der Spieler - eine Erkenntnis, die den Grundstein für den Erfolg legt.

Reißender Absatz

Der gebürtige Wiener Drucker gilt als „Erfinder“ des modernen Managements. 1933 floh er vor den Nazis zunächst nach London und später in die USA. Seit seiner Studie über General Motors im Jahr 1943 gilt Drucker als Visionär zu wirtschaftlichen Entwicklungen. Er starb 2005.

Drucker wurde zwar in Japan schon immer stark rezipiert, im Zuge des Hypes rund um den Roman finden seine Werke nun aber reißenden Absatz. 300.000 Exemplare von „Management“ wurden in den vergangenen sechs Monaten verkauft. In den 26 Jahren davor waren es insgesamt 100.000.

Wandel in Gesellschaft?

Der 41-jährige Autor Iwasaki, ein literarischer Newcomer, entdeckte Drucker erst nach dessen Tod auf eher kuriose Weise. Ihn interessierte, wie man bei Multiplayer-Computerspielen Teams besser organisieren kann.

Der Erfolg seines Buches überraschte auch Iwasaki, er sieht einen möglichen Grund in gesellschaftlichen Entwicklung: Nach einer Phase des Einzelgängertums gebe es Anzeichen, dass die Japaner wieder kollaborativer werden und zusammenarbeiten wollen – und genau in diese Kerbe schlägt auch Drucker.

Junge Frauen als Fans

Für den Verlag ist auch völlig überraschend, wer das Buch kauft. Mit dem Manga-artigen Cover wollte man eigentlich eher Geschäftsmänner ansprechen. Doch mehr als die Hälfte der Käufer sind Frauen. Gerade unter jungen, berufstätigen Frauen wurde das Buch zum Renner – und Druckers Ideen eine Inspirationsquelle.

Der britische „Economist“ spekuliert sogar, dass es zu einem langsamen Aufbrechen der Geschlechterverhältnisse in Japan führen könnte. Nur 61 Prozent der Frauen sind erwerbstätig, sie verdienen durchschnittlich weniger als die Hälfte der Männer, und in Firmenvorständen sind sie nur zu einem Prozent vertreten.

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