Szene aus "Jedermann"

Salzburger Festspiele / Forster

Buhlschaft mit „Lolita-Beigeschmack“

Die Frauen des Salzburger „Jedermanns“ werden immer jünger: Mit der 25-jährigen Miriam Fussenegger steht Cornelius Obonya, der schon zum vierten Mal die Titelrolle des Traditionsstück verkörpert, heuer die zweitjüngste Buhlschaft der Festspiel-Geschichte zur Seite.

Die Inszenierung von Julian Crouch und Brian Mertes mit einem sinnlichen und poetischen Zugang ist seit 2013 zu sehen - als Fusseneggers Vorgängerin war in den Vorjahren die 40-jährige Brigitte Hobmeier zu sehen. Obwohl die Rolle der Buhlschaft im „Jedermann“ eigentlich eine sehr kleine ist - in Salzburg gilt sie als die, der jedes Jahr mit die meiste öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gerade einmal 50 kurze Verszeilen hat Hugo von Hofmannsthal der Geliebten seines „Jedermann“ gedichtet. Das ergibt eine Sprechzeit von wenigen Minuten - bei zwei Stunden Aufführungsdauer.

Szene aus "Jedermann"

Salzburger Festspiele/Forster

Kleine Rolle - großer Auftritt

„Das Pendant zum Jedermann“

„Obwohl es nur wenig Text ist, empfinde ich die Buhlschaft als das Pendant zum Jedermann. Eine ‚Jederfrau‘ sozusagen. Sie verkörpert den Prototyp der Weiblichkeit. Ich finde es spannend, die Frau an sich darzustellen“, analysiert Fussenegger, die ihrer Rolle heuer einen neuen Spin geben will: „Ich sehe da etwas Kindliches, einen Lolita-Beigeschmack, wenn man so will,“ beschreibt sie - „ich denke, vielleicht könnte meine Buhlschaft etwas unbedarfter und purer sein.“

„Natürlich spielt eine 25-Jährige die Rolle anders als eine 35-jährige Frau. Ich verkörpere ein anderes Frauenbild und bin auf einem anderen Erfahrungsstand,“ erklärt die Oberösterreicherin, die zugibt, dass sie das Rollenangebot ziemlich überrascht hat. Nicht nur wegen ihres Alters - auch wegen der Tatsache, dass sie - verglichen mit den meisten ihrer Vorgängerinnen - relativ unbekannt sei - „das ist verwegen, und ich hoffe, der Mut zum Risiko wird belohnt.“

Von der Schauspielschule auf die große Bühne

Ihre Karriere begann die junge Schauspielerin jedenfalls mit einem raketenartigen Start - direkt nach dem Studium am Max-Reinhardt-Seminar in Wien wurde sie sowohl zum Fernsehen als auch auf die große Bühne geholt.

Szene aus "Jedermann"

Salzburger Festspiele/Forster

Cornelius Obonya ist zum dritten Mal der Jedermann

Erst wurde sie für den ORF-Landkrimi „Der Tote am Teich“ besetzt, dann war sie als Lucy in „Mackie Messer“ bei den Salzburger Festspielen im Vorjahr zu sehen - eine Karriere, von der andere nur träumen können, dessen ist sie sich bewusst. „Ich hätte mir das auch nie so ausmalen oder erträumen können“, sagt Fussenegger. „Irgendwie ist mir das einfach so passiert. Ich bin ein echter Fan von Sachen, die einem unvorhergesehen begegnen.“

Hinweis

„Jedermann“ ist bei den Salzburger Festspielen am 23., 26. und 29. Juli sowie am 3., 6., 9., 13., 16., 19., 21., 24., 27. und 28. August auf dem Domplatz, bei Schlechtwetter im Großen Festspielhaus, zu sehen.

„Kultur.montag“ präsentiert am 25. Juli ab 22.30 Uhr in ORF2 ein Porträt der neuen Buhlschaft - mehr dazu in tv.ORF.at.

Ihre Feuertaufe wird die junge Schauspielerin am Samstag auf dem Domplatz absolvieren - danach steht der „Jedermann“ heuer noch zwölfmal auf dem Festspiel-Programm. Kointendant Sven-Eric Bechtolf streut seiner Buhlschaft schon vorab jede Menge Rosen - und reimte ihr zum Einstand sogar ein Gedicht: „Und das Publikum staunt stumm / Ob der Technik der Gewandten / Und dem Mut des Intendanten: / Das ist neu das ist entzückend / Und den Jedermann beglückend!“

Bennent will als Mammon „zart“ sein

Fussenegger ist nicht der einzige Neuzugang im „Jedermann“-Ensemble. Auch der Schweizer David Bennent debütiert heuer auf dem Domplatz - er übernimmt die Rolle des Mammon von Jürgen Tarrach. In der aktuellen Inszenierung ist seine Figur im wahrsten Sinne des Wortes ein „Geldscheißer“ - dennoch will er sie „zart und höflich“ anlegen.

David Bennent als Mammon

Salzburger Festspiele/Andreas Kolarik

David Bennent wird zum „Geldscheißer“

„Wir spielen ja nicht in einem kleinen zarten Theater, und man hat die Zuschauer nicht für sich. Aber ich werde versuchen, nicht so laut wie möglich zu sprechen, sondern so leise wie möglich,“ so Bennent. „Der Mammon spricht ganz feine Sätze, von einer Zartheit. Wenn man die jetzt in dieser Üppigkeit und Vulgarität des Reichtums brüllt, geht vieles verloren. Mit meinen Körpermaßen und wie ich ihn spiele, geschieht ein Bruch, den ich gar nicht spielen muss, weil ich selbst der Bruch bin“, gibt sich der Schauspieler selbstbewusst.

Die Regisseure Crouch und Mertes betonen in ihrer Inszenierung mit kraftvollen Bildern, Masken, Puppen, Tanzeinlagen und viel Livemusik den Spielcharakter des Stücks. Ob und wie viel - neben den Umbesetzungen - heuer auch an der Inszenierung geschraubt wurde, das wird sich am Samstag bei der Premiere zeigen.

Sophia Felbermair, ORF.at

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