Jonathan Meese vor seinem Mondparsifalbild

Jan Bauer/Courtesy by Jonathan Meese

Meese, Parsifal und die Rettung der Welt

In Bayreuth ist seine Inszenierung von Wagners „Parsifal“ gescheitert. In Wien bringt Jonathan Meese nun mit Komponist Bernhard Lang seinen ganz eigenen Parsifal auf die Bühne. Nicht weniger als die Rettung der Welt aus der Perspektive des Kinds steht in seiner Adaption dieses Stoffes auf dem Spiel, wie Meese in Wien lustvoll erläuterte.

Seit Ende April weiß Wien, dass bei den heurigen Festwochen Jonathan-Meese-Festspiele anstehen. Gebt dem Mann eine Bühne, und er wird sie mit Begeisterung und Unermüdlichkeit füllen. „Parsifal kehrt nicht heim zu seinen Gralsrittern, er wird der Retter der Welt, weil er das Kind ist, das eine Welt neu erschafft“ - mit diesem Plädoyer erläuterte Meese bei der Festwochen-Programmpräsentation nun, was das Publikum bei der Produktion im Theater an der Wien ab 4. Juni erwarten wird.

Die Opernbearbeitung verdankt sich im Grunde zwei Umständen, wie Festwochen-Chef Thomas Zierhofer-Kin erläuterte: dem gescheiterten Bayreuther Meese-„Parsifal“, vor allem aber der jahrelangen künstlerischen Arbeit von Meese am Parsifal-Komplex. Die Festwochen hätten Meese eingeladen, nun etwas ganz eigenes zum Parsifal zu schaffen. Herausgekommen ist die Oper „MONDPARSIFAL ALPHA 1-8“, die sich im Klammertitel die „ERZMUTTERZ DER ABWEHRZ“ nennt.

Bühnenbildentwurf zu Jonathan Meeses Parsifal

Jörg Kiefel/Courtesy by Jonathan Meese

Bühnenentwurf zu Meeses Wiener Parsifal

In Wagner erkennt Meese einen Gefährten im Geist, vor allem im Denken von Utopien. Wagner, der Künstler, der für seine Projekte und Kunstbegeisterung sogar den Bayrischen König ausbluten ließ, habe an das absolute Überleben des Kunstwerkes gegen alle anderen Zeitströmungen geglaubt. Parsifal ist für ihn eine Leitfigur für das kindliche Herangehen in eine ungewisse Zukunft. Mit Leidenschaftlichkeit - und dem Mut zum Scheitern. Auf diese Reise will Meese seinen „Parsifal“ schicken.

Flankiert wird Meeses Wiener Arbeit am Parsifal durch ein von Claus Philipp kuratiertes Filmprogramm, das Arbeiten von Alexander Kluge zu Jonathan Meese und dem Parsifal aufgreift. Dabei zu sehen auch: Frank Castorfs Bayreuther „Meistersinger“-Inszenierung, die beim Bühnenbild auf Arbeiten von Meese zurückgegriffen hat. Kluge will selbst am 25. Mai mit Jonathan Meese und Bernhard Lang über die Arbeit am Parsifal diskutieren.

Und im Kunsthistorischen Museum werden neun Parsifal-Arbeiten von Meese, quasi als Dialogangebot zu den großen klassischen Kunstmythen, gezeigt.

„Wir wollen zurück zur Mama“

Kultur, erinnerte er leidenschaftlich und in seinem bekannten Endlosmonolog, ist etwas, „das hinter uns liegt“. In der Gegenwart und für die Zukunft könnten wir uns weniger auf das kulturelle Erbe, sondern auf die Möglichkeiten der Kunst verlassen. Die Kunst überschreite jede Ideologie, sie sei stärker als Politik und Religion - und, so darf man Meese wohl weiter denken: das Einzige, woran man glauben könne.

Denn, so Meese: Kunst könne man sich so wenig aussuchen wie seine Mama - „und am Ende will Parsifal zurück zu seiner Mama - und wir alle wollen zur Mama“. Bayreuth hat Meese hinter sich gelassen. Nur der Festwochen-Film erinnert noch an Bayreuth: „Wenn Bayreuth in den nächsten vier Jahren so weitermacht wie bisher, hat nur noch eine Inszenierung einen Sinn. Das würde dann die letzte sein. Man holt den Bulldozer raus und macht alles platt.“

Gerald Heidegger, ORF.at

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