Nach Pereira: Salzburger Festspiele auf Konsolidierungskurs
Bis zum Beginn der Intendanz von Markus Hinterhäuser 2017 lenken der frühere Schauspieldirektor und die langjährige Festspielpräsidentin gleichberechtigt die Geschicke des wichtigsten Klassikfestivals der Welt. Es sei eine freundschaftliche Zusammenarbeit, die sich nicht an enge Aufgabengrenzen halte, betonen beide. Es ist mehr als die Verwaltung des Pereira-Erbes, doch die Handschrift der neuen Führung liest sich auf den ersten Blick als eine der Reduktion.

Salzburger Festspiele / Luigi Caputo
Interimsintendanten: Sven-Eric Bechtolf und Helga Rabl-Stadler
Wiederaufnahmen als Verkaufsrenner
Das Young Directors Project fällt heuer nach 13 Jahren ebenso aus wie der Festspielball, im Schauspiel stehen nur vier Produktionen, bei der Oper nur drei szenische Neuproduktionen auf dem Spielplan. Neben dem neuen „Fidelio“ mit Jonas Kaufmann, der längst ausverkauft ist, erwiesen sich allerdings gerade die zahlreichen Wiederaufnahmen als Verkaufsrenner, wie Rabl-Stadler verriet.
Von den Pfingstfestspielen 2013 kehrt „Norma“ wieder, von der heurigen Ausgabe „Iphigenie en Tauride“. Aus dem Vorjahr werden die Erfolgsproduktionen „Il Trovatore“ mit Anna Netrebko und „Der Rosenkavalier“ übernommen.

Salzburger Festspiele / Marco Borrelli / Lelli
Anna Netrebko kommt mit Alvis Hermanis’ „Il Trovatore“ zurück nach Salzburg
Intendant und Zweifachregisseur
Bechtolf selbst vervollständigt heuer mit „Figaros Hochzeit“ seinen Da-Ponte-Zyklus, als Eröffnungsoper hat man sich allerdings ein modernes Werk ausgesucht: Wolfgang Rihms „Eroberung von Mexiko“ sei „theatralisch, packend, suggestiv“, schwärmte Bechtolf - und sie passt perfekt zum heurigen Festspielmotto „Herrschen und Dienen, Macht und Ohnmacht, Unterdrückung und Aufbegehren“. Er selbst sei allerdings „ein Skeptiker, kein Revolutionär“, so Bechtolf. In Zeiten von Krieg und Krise könne die Kunst nicht Lösungsvorschläge bieten, sondern uns erinnern „an die Verhängnishaftigkeit unserer Existenz“.
Ein eigener Schwerpunkt wird der „Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill gewidmet: Sie wird sowohl in der konzertanten Originalversion gespielt (in der gefeierten Interpretation von HK Gruber) als auch in einer experimentellen Neufassung. Musical-Orchestrator Martin Lowe hat die Melodien Weills adaptiert und damit ins 21. Jahrhundert transferiert. Inszenieren wird ebenfalls Bechtolf, gemeinsam mit Julian Crouch, der dem Festspielpublikum schon durch die aktuelle „Jedermann“-Inszenierung ein Begriff ist.
Neue Gesichter im alten „Jedermann“
Das alljährliche „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ wird ab 19. Juli auf dem Domplatz zelebriert - neu in der Inszenierung von Crouch und Brian Mertes sind Christoph Franken als Teufel, Johanna Bantzer als Werke und Sven Dolinski als Guter Gesell. Auch neben dem „Jedermann“ kommen die Theatergiganten zum Zug: Goethes Frühwerk „Clavigo“ kommt in der Inszenierung von Stephan Kimmig als Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin, mit Shakespeares „Komödie der Irrungen“ (Regie: Henry Mason) wird die Perner-Insel bespielt.

Salzburger Festspiele / Forster
Jedes Jahr: „Jedermann“ auf dem Domplatz
Der neuen Musik - konkreter dem heuer 90-jährigen Pierre Boulez - huldigt man in der neuen Reihe Salzburg contemporary, der ehemaligen neuen Musik huldigen die Wiener Philharmoniker und fokussieren heuer und im nächsten Jahr auf Werke, die sie im Laufe ihrer Orchestergeschichte uraufgeführt haben. Flankiert werden sie von Gastorchestern aus Boston, Budapest, Berlin und dem Nahen Osten und vom Who’s who der Solisten, die bei Liederabenden sowie in Recitals den Ruf des Glamour-Festivals hochhalten.
Am Anfang steht „Die Schöpfung“
Eine ganze Woche vor der offiziellen Eröffnung am 25. Juli - Redner ist diesmal der deutsche Philosoph und Literaturwissenschaftler Rüdiger Safranski - starten die Festspiele traditionell mit Joseph Haydns „Die Schöpfung“. Bei der Ouverture Spirituelle, an deren Anfang sie steht, wird geistliche Musik aus Mitteleuropa heuer dem Hinduismus gegenübergestellt. Die Liste der Weltreligionen hat man damit abgearbeitet - die geistliche Auftaktreihe wird es dennoch auch im nächsten Jahr geben. Im Gegensatz zum Festspielball also eine Pereira-Erfindung, die in Salzburg Bestand hat.