„In Referenz“: Heimisches Kino im Dialog
Die inflationäre Bildflut geht nicht selten mit einer immer oberflächlicheren Auseinandersetzung damit einher: Während Filme heute jederzeit und überall gesehen werden können, ist es viel schwieriger geworden, das Gesehene zu verorten. Als „Kitt“ zwischen den verschiedenen Schienen der Diagonale soll „In Referenz“ dienen, dabei aber mehr als nur ein bloßer „Lückenfüller“ sein.

Alvin Raquipiso
Neonazis in Kalifornien: „Surf Nazis Must Die“ war für einen Preis in Cannes nominiert
US-Filmkultur trifft auf Österreich
Ergänzend zum Spezialprogramm „Österreich: Zum Vergessen“ werden zwei Filme gezeigt, die sich in ihrem Österreich-Bezug stark unterscheiden. „Surf Nazis Must Die“ (Peter George, USA 1987) gilt als Kultfilm aus der Kategorie „so schlecht, dass er schon wieder gut ist“: Eine Armee österreichischer Neonazis (die „Waldheim-SS“), stilgerecht auf dem Surfbrett anschwimmend, erobert Kalifornien, das zeitgleich von einem Erdbeben heimgesucht wird. Immerhin: Der Film wurde in Cannes gezeigt - Kritikerlegende Roger Ebert verließ den Saal damals nach einer halben Stunde.
Weniger schräg geht es in „Putty Hill“ (Matt Porterfield, USA 2010) zu: Das Drama rund um den frühen Tod eines jungen Mannes und wie seine Freunde und seine Familie damit umgehen, feierte 2010 in Berlin Premiere. Sie diente dem Österreicher Sebastian Brameshuber als Inspiration für dessen Film „Und in der Mitte, da sind wir“. Im Anschluss an die Vorführung diskutieren die beiden Filmemacher über Kongruenzen und Unterschiede zwischen österreichischer und US-Filmkultur.
Auf der Suche nach der Vielfalt
Das „Austria Film Meeting“ ist unter dem Titel „Cinema in Transition“ auf der Suche nach Diversität im Film. Ergänzend dazu wird es mehrere Beiträge im Rahmen von „In Referenz“ geben, darunter auch der österreichische Wettbewerbsteilnehmer „Femme Brutal“ (Lisa Kovacs, Nick Prokesch, AUT 2015). In dem filmischen Denkmal für den Wiener „Club Burlesque Brutal“ wird die Liveshow auf die Leinwand gebracht, im Anschluss gibt es eine Diskussion - unter anderem über queer-feministische Filmpraxis.
Einem anderen Aspekt von Vielfalt widmet sich „Gayby Baby“ (Maya Newell, AUS 2015): Vier Kinder im Alter von zehn bis zwölf stehen im Mittelpunkt der australischen Dokumentation. Sie träumen davon, Pop-Sternchen oder Wrestler zu werden und sind auch sonst mit den üblichen Problemen des Älterwerdens konfrontiert. Sie alle stammen aus Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern - doch der Fokus bleibt stets auf die Kinder gerichtet und lässt damit all jene zu Wort kommen, die in einer politisch aufgeheizten Debatte meist ungehört bleiben.

Amanda James
Kinder im Mittelpunkt einer politisch geladenen Debatte: „Gayby Baby“ begleitet vier Zehn- bis Zwölfjährige mit gleichgeschlechtlichen Eltern
Drehbücher im Vergleich
Dem Wettbewerbsbeitrag „Jack“ wird mit „Fegefeuer“ (Wilhelm Hengstler, AUT 1988) eine andere Bearbeitung des Unterweger-Stoffs gegenübergestellt: Zwei Drehbücher treffen aufeinander, unter dem Titel „Let’s Talk About Scripts! Spezial“ wird Elisabeth Scharang (Regie, Drehbuch „Jack“) im Anschluss mit Hengstler über die Herangehensweise an die ambivalente Figur des Jack Unterweger diskutieren.
Auch das musikalische Rahmenprogramm wird in den Festivalkontext filmisch eingebettet: Zwanzig Jahre nach dem letzten Auftritt des Orchester 33 1/3 kehren die Musiker rund um Christof Kurzmann und Christian Fennesz zurück auf die Bühne. Ergänzend dazu wird es eine Aufführung des bei der Diagonale 1998 erstmals gezeigten Konzertfilms in einer Neubearbeitung von Peter Hörmanseder geben.