Fliegende Karten, tanzende Türen und mordlustige Insekten
Bunt wie selten haben sich die diesjährigen Bregenzer Festspiele präsentiert: Auf der Seebühne ließ Carmen tonnenschwere Karten durch die Luft wirbeln, im Festspielhaus war eine Flut im Miniformat zu bewundern, Figaro brachte im Kornmarkttheater Türen zum Tanzen - und auf der Werkstattbühne mordeten und meuchelten Insekten munter drauflos.
APA/Dietmar Stiplovsek
Es war ein Kartentrick gigantischen Ausmaßes: Regisseur Kasper Holten und Bühnenbildnerin Es Devlin setzten für das Spiel auf dem See, Georges Bizets „Carmen“, auf 59 riesige, tonnenschwere Spielkarten und zwei überdimensionale Hände als Kulisse. Als weiteres Ass im nicht vorhandenen Ärmel erwies sich „Carmen“-Darstellerin Gaëlle Arquez. Der Trick ging auf, die Inszenierung setzte neue Maßstäbe - zumindest optisch.
Bregenzer Festspiele/Karl Forster
Die Niederländerin Lotte de Beer ließ für die Inszenierung der Hausoper, Gioachino Rossinis „Moses in Ägypten“, quasi die Puppen tanzen. Das ebenfalls niederländische Theaterkollektiv Hotel Modern zauberte parallel zu den „echten“ Schauspielern mit Hilfe kleiner Figürchen ganze Welten auf die Bühne. Das verwirrte Teile des Publikums und so manchen Kritiker, originell war es allemal.
Bregenzer Festspiele/Karl Forster
Was geschieht, wenn man Menschen aus Syrien, Palästina und Israel in einem Deutschkurs aufeinanderprallen lässt - und auch noch einen politisch überkorrekten Deutschen in den Mix gibt? Diese und andere Fragen erkundete das Theaterstück „The Situation“ von Yael Ronen auf überaus witzige und berührende Art.
Bregenzer Festspiele/Anja Köhler
Das Theaterkollektiv Hotel Modern und das niederländische Bläserensemble schrumpften Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ in mehrerlei Hinsicht: Das 16-Stunden-Werk wurde auf knapp 75 Minuten gekürzt - und statt Göttern und Helden meuchelten und mordeten Insekten und andere Tiere munter drauflos. Held Siegried wurde auf diese Weise zum Käfer, Wotan zur Tarantel. Kritik und Publikum gefiel’s.
Bregenzer Festspiele/Karl Forster
Jörg Lichtensteins Inszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ bewies, dass man das totgedudelte Material auch 2017 noch frisch und originell in Szene setzen kann. Geschuldet war das einem jungen, hochengagierten Cast und einem Bühnenbild von Nikolaus Webern, das im Wesentlichen aus zwölf Türen bestand, die in virtuosen Tanznummern mit den Darstellern über die Bühne wirbelten.
Bregenzer Festspiele/Anja Köhler
Zur Reise ins eigene Ich lud die Opernuraufführung „To the Lighthouse“ von Zesses Seglias ein. Die Schauspieler sangen, sprachen, flüsterten, murmelten und röchelten sich durch das anspruchsvolle Stück, das auf einem Roman von Virginia Woolf beruht. Die Experten goutierten das Experiment größtenteils - auch wenn manche von einer „Totgeburt“ sprachen.
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