„Heimat ist unser Verfassungsstaat“
Die Frage, warum Pilz und die Grünen getrennte Wege gehen, interessierte viele Leserinnen und Leser von ORF.at - und auch inwieweit sich die Positionen seiner neuen Liste von denen seiner ursprünglichen Partei unterscheiden. Auch thematisch berührten viele Fragen grundsätzlich grüne Kernthemen wie Umweltschutz und Soziales.
Zusammengefasster „Lernprozess“
Die Trennung von den Grünen war laut Pilz keinem „plötzlichen Sinneswandel“ geschuldet. Die Auseinandersetzung habe „die Grünen und mich jetzt etwa drei Jahre beschäftigt“. Und „dieser Streit ist halt wie bekannt ausgegangen“, sagt Pilz. Er habe dann versucht „zusammenzufassen, auf was ich selbst in diesem Lernprozess draufgekommen bin“.

ORF.at/Dominique Hammer
Pilz erklärt auf der ORF.at-Wahlcouch, warum er den Heimatbegriff nicht „einfach der Rechten überlassen“ will
Alle Antworten im Wortlaut
Alle Antworten im Wortlaut sind im Transkript von Pilz auf der Wahlcouch nachzulesen.
Das Ergebnis seines Nachdenkens fasst Pilz in dem „Begriff Heimat Österreich“ zusammen. Darin stecke für ihn „unser Verfassungsstaat, unsere offene Gesellschaft, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die Trennung von Staat und Kirche, unabhängige Justiz, freie Medien und selbstverständlich auch die parlamentarische Demokratie - und auch das Recht, so zu leben, wie man und frau das will.“
Anders als der „Nationalismus der europäischen Rechten“ richte sich sein Konzept nicht „gegen andere“. Ihm gehe es um „eine gemeinsame Basis“ für „die Integration - auch von Menschen, die aus anderen Kulturen kommen, einen anderen Glauben haben - als Voraussetzung unseres friedlichen Zusammenlebens“.
„Drei Jahre beschäftigt“
Sein Ausstieg bei den Grünen sei „kein plötzlicher Sinneswandel“ gewesen, sagt Pilz.
„Gemeinsame Basis“ für Integration
Pilz auf die Frage nach dem Unterschied zwischen Nationalbewusstsein und Nationalismus.
„Airbnb frisst Wohnungen“
Was tun für erschwingliche Mietpreise, wollte ein Leser wissen.
„Mit der Steuerpolitik rein“
Gefragt nach Maßnahmen für ein erschwingliches Wohnen, benennt Pilz „private Spekulation mit Mieten und Wohnraum“ als Ursache, dass die „Preise explodiert“ seien. Es gelte, den Mietzins dort zu begrenzen, „wo er heute noch nicht begrenzt ist“, und mehr Gemeindewohnungen zu bauen - „das sind die Preisdämpfer“. Darüber hinaus spricht sich Pilz für ein weitgehendes Ende von befristeten Mietverträgen aus. Kritik übt er an Airbnb. Das Unternehmen „frisst Wohnungen und ruiniert klassische Hotels - da muss man mit der Steuerpolitik rein“, sagt der Parteigründer.
Kandidaten auf der Wahlcouch
Seit Samstag sind alle bundesweit antretenden Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten eingeladen, sich den Fragen des ORF.at-Publikums zu stellen. Wie das Format funktioniert, lesen Sie hier.
Überhaupt ist das heimische Steuersystem für den ehemaligen Grün-Politiker fehlerbehaftet: „Wir besteuern Spekulation nicht, wir besteuern große Vermögen nicht und wir treiben die Steuern von steuerflüchtigen internationalen Konzernen nicht ein. Und wir besteuern die großen Internetkonzerne nicht.“ Eine Finanztransaktionssteuer - für Pilz eine „Besteuerung von Spekulation“ - gehe zwar nur in einer europäischen Lösung. Aber etwa „die Besteuerung der digitalen Konzerne können Sie jederzeit in einem Alleingang machen“, so der studierte Ökonom.
Gemeinsame Schule „in sich differenziert“
Im Bereich der Bildung sei der Zug „längst in ganz Europa“ in Richtung gemeinsamer Schule „abgefahren“, ist sich Pilz sicher. Kinder bis 15 Jahren „gehören dort nicht getrennt, das widerspricht allen pädagogischen Erfahrungen“.
Die bisherigen Interviews
Die bisherigen Interviews auf der ORF.at-Wahlcouch zum Nachschauen und -lesen.
Allerdings werde die Schule der Zukunft „in sich differenziert“ sein - „dazu gehört die Förderung der Talentiertesten und die Hilfe für die, die Schwierigkeiten in bestimmten Bereichen haben“. Pilz zählt dazu auch die Deutschförderung, die „darüber entscheidet, ob wir Integration schaffen“. Insgesamt sieht er auf das Bildungssystem „gewaltige Investitionen“ zukommen.
„Zug ist längst in ganz Europa abgefahren“
Gefragt nach dem Bildungssystem der Zukunft, ist sich Pilz sicher, dass die gemeinsame Schule kommt.
„Wir besteuern Spekulationen nicht“
Die Finanztransaktionssteuer ist nur eine von mehreren steuerpolitischen Forderung Pilz’.
„Was nützt uns und was wollen wir auf gar keinen Fall“
Pilz skizziert die Positionen seiner Liste im Bereich Gentechnik.
„Können Forschung nicht verbieten“
Ein Leser ortete in der Frage der Gentechnik bei der Liste Pilz einen Kurswechsel gegenüber bisherigen grünen Positionen; ein Eindruck, den Pilz teilweise teilt. Er spricht sich dafür aus, Grundlagenforschung vor allem im Bereich der Medizin „kontrolliert“ zu ermöglichen. Im landwirtschaftlichen Bereich hält er aber an der „traditionell kritischen und ablehnenden Haltung“ fest. Das Wichtigste sei jedoch, „eine Diskussion im Parlament und öffentlich über alle Entwicklungen zuzulassen. Wir werden es ohnehin nicht verbieten können, dass geforscht wird. Wir müssen nur rechtzeitig draufkommen, was nützt uns und was wollen wir auf gar keinen Fall.“
Debatte: Wer überzeugt auf der Couch?
Gegen die Umgehung von Umweltverträglichkeitsprüfungen plädiert Pilz für „wesentlich klarer“ gefasste Regeln „sowie Sanktionen gegen Entscheidungsträger, die das Gesetz umgehen helfen“. „Manche Beamte und Beamtinnen“ seien „sehr erfindungsreich, wenn die richtigen Herrschaften sagen, da können wir doch ein Bogerl rundherum machen.“
Konkurrenz für die Wirtschaftskammer
Gefragt nach der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern, lobt Pilz deren Bedeutung für die Kollektivverträge. Allerdings sei die Wirtschaftskammer mittlerweile eine „Privilegienkammer, die die Interessen der allergrößten Unternehmen vertritt und auf den Rest pfeift“.

ORF.at/Dominique Hammer
Pilz denkt über die Schaffung einer direkten Konkurrenzsituation zwischen Arbeiter- und Wirtschaftskammer nach
Ganz besonders trifft das laut Pilz bei den Ein-Personen-Unternehmen zu. Von diesen seien „ein immer größerer Teil Scheinselbstständige, die eigentlich lieber einen klassischen Arbeitnehmervertrag hätten“, vermutet der Parlamentarier. Sein Vorschlag: „Stellen wir den Ein-Personen-Unternehmen frei, ob die Mitglieder bei der Wirtschaftskammer oder bei der Arbeiterkammer werden.“
„Das schöne Bild vom Bundespräsidenten“
Wie Pilz zu einem Verbot aller religiösen Symbole im öffentlichen Raum stehe, wollte ein Leser wissen. „Vorsicht, der öffentliche Raum sind die Straßen, die Plätze, alles Mögliche, das geht nicht“, antwortet Pilz. Er sei sich aber ohnehin sicher, dass der „öffentliche Dienst“ gemeint gewesen sei. Und dort halte er ein solches Verbot für „gescheit“. Das müsse aber nicht nur für das Kopftuch, sondern auch für Kreuze gelten - „allerdings: das schöne Bild vom Bundespräsidenten darf hängen bleiben“.

ORF.at/Dominique Hammer
Ein Kandidat von zehn: Pilz im ORF.at-Wahlstudio mit ORF.at-Chefredakteur Gerald Heidegger (re.) und ORF.at-Redakteur Martin Steinmüller-Schwarz (li.)
Mit Sebastian Bohrn Mena hat Pilz auch einen umtriebigen Tierschützer auf seiner Wahlliste. Entsprechend markig fallen seine Ansagen zu dem Thema aus: „Das Wichtigste ist einmal das Schließen aller Tierfabriken“, sagt Pilz auf die Frage, welche Maßnahmen er und seine Partei zum Tierschutz planen. „Und zwar nicht durch irgendeine politische Erklärung, sondern eine nach der anderen dichtmachen. Das haben wir vor in den nächsten fünf Jahren, wir werden persönlich hinfahren und dafür sorgen, dass eine nach der anderen geschlossen wird“, so der Parteigründer.
„Wesentlich klarere Regeln“
Klarere Regeln und schärfere Sanktionen sind Pilz’ Antwort auf die Frage, wie sich verhindern lässt, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen umgangen werden.
„Privilegienkammer“
Wie Pilz zur Pflichtmitgliedschaft in den Kammern stehe, wollte ein Leser wissen.
„Ein Staat, auf den Religion keinen Einfluss haben darf“
Im öffentlichen Dienst halte er ein Verbot religiöser Symbole für „gescheit“, sagt Pilz.
„Tierfabriken schlicht und einfach zusperren“
Pilz auf die Frage nach konkreten Maßnahmen im Tierschutzbereich.
Martin Steinmüller-Schwarz (Text), Michael Baldauf, Thomas Hangweyrer (Video), Dominique Hammer (Fotos), alle ORF.at